Eine Teilnehmerin, nennen wir sie Jana, erzählte letztes im Seminar von einem Kollegen, der es regelmäßig schafft, sie auf die Palme zu bringen. Was macht der Kollege? 

Ein Beispiel
Jana schreibt viele Protokolle, einige sind fast zehn Seiten lang. Und es dauert nicht lange, das Protokoll ist kaum verschickt, klingelt das Telefon. Wenn sie Christophs Nummer nur sieht, schäumt sie innerlich schon; ihr Puls beginnt zu rasen, ihr Herz schlägt ihr bis zum Hals. Sie weiß, was jetzt passiert und geht genervt ran. Und es ist jedes Mal das gleiche: „Du Jana, in dem Protokoll, das du gerade verschickt hast, ist auf Seite sieben im vorletzten Absatz ein Fehler. Ich glaube, da muss „wie“ stehen und nicht „wir“. Da hast du dich bestimmt vertippt.“ 

Sie würde ihn jetzt am liebsten anschreien. Tut sie aber nicht. „Christoph, in acht Seiten Protokoll ist ein Fehler. Und? Das ist jetzt nicht dein Ernst?“, sagt sie zu ihm. Sie musste das jetzt sagen, zu oft hat sie nichts gesagt und sich geärgert. Das Schlimme jedoch ist, Christoph wird genau das wieder tun. Jana anrufen, sie auf einen Fehler hinweisen. Und Jana wird sich wieder angegriffen fühlen.

„Warum tut der das?“, fragt sie mich im Seminar. „Es ist doch nicht schlimm, wenn auf so vielen Seiten ein Fehler ist und es ist ja offensichtlich ein Tippfehler. Ich finde das unverschämt." 

Menschen agieren nicht immer so, wie Sie es sich wünschen

Viele Reaktionen anderer Menschen erscheinen Ihnen bestenfalls unverständlich; manchmal jedoch verärgern oder verletzen sie Sie mit ihrem Verhalten. 

Ihnen ist bewusst, dass nicht alle so sein können wie Sie? Genauso rücksichtsvoll, verantwortungsbewusst und empathisch? Sie haben es jeden Tag mit unterschiedlichsten Charakteren zu tun. Und es sind nicht mal „schlechte“ Menschen, sie sind nur anders, zum Beispiel:

• chaotisch
• unordentlich
• unpünktlich
• unzuverlässig 

Wenn Sie sich auf diese, aus Ihrer Sicht negativen, Eigenschaften fokussieren und sie auf sich beziehen oder an sich heranlassen, werden diese Menschen Sie regelmäßig auf die Palme bringen. Besser wäre es, Sie würden die Verhaltensmuster Ihres Chefs oder Ihrer Kollegen verstehen lernen und anders wahrnehmen, damit Sie sich nicht mehr darüber ärgern. Dafür bedarf es keiner großen Psychologie, sondern nur einer anderen Betrachtungsweise. 

Die andere Seite des pedantischen Christophs

Bleiben wir beim Eingangsbeispiel: Christoph, der jeden noch so kleinen Fehler entdeckt und andere darauf hinweist. Dieser Kollege macht das nicht, um seine Kollegin Jana zu ärgern. Christoph ist genau, sehr genau. Er liest das Protokoll sehr sorgfältig, andere Kollegen tun das nicht. Christoph bringt Janas Arbeit sehr viel Wertschätzung entgegen, indem er das gesamte Protokoll liest. 

Doch Jana ist so damit beschäftigt, sich angegriffen zu fühlen, dass sie die Wertschätzung gar nicht bemerkt.

Eine Idee, wie Jana auch reagieren könnte

„Danke für den Hinweis Christoph und danke, dass du das Protokoll so aufmerksam gelesen hast; es war sehr viel Arbeit. Da bin ich froh, dass zumindest einer genau hinschaut.“ 

Würde Jana so reagieren, würde sich Christoph wertgeschätzt fühlen und Jana sich nicht mehr ärgern. Das wäre eine klassische Win-Win-Situation. 

Menschen wollen anerkannt und wertgeschätzt werden

Menschen streben nach Anerkennung und Wertschätzung. Ist es so schwierig, jemanden für seine aufmerksame Art zu loben? Nein! Mit ihrer neuen Einstellung, Herangehensweise und Kommunikation lobt Jana ihren Kollegen. Endlich erhält er dafür, wie er ist, Anerkennung; etwas, was ihm bisher immer verwehrt blieb. Für alle war er immer nur der Korinthenkacker. Was macht das mit dem Verhältnis zwischen Jana und Christoph? Es wird entspannt und partnerschaftlich werden. Und wenn Christoph das nächste Mal anruft, schmunzelt Jana, weil sie weiß, dass ihr Kollege ganz genau liest. 

Wenn Sie es schaffen, unterschiedlichste Charaktere zu erkennen und zu verstehen, werden Sie sich nicht mehr fragen „Warum tut der das?“, sondern Menschen so nehmen wie sie sind – nämlich anders als Sie. 

Die Psychologie der Charaktere

Nicht mit allen Charakteren kann man so einfach umgehen, wie mit einem Pedanten – und das ist für einige schon schwierig genug. Aggressive, cholerische Menschen sind eine große Herausforderung. Wie kann man Aggression von einer anderen Seite betrachten? Und wieso überhaupt sollte man diesen Menschen mit Wertschätzung begegnen? Das erscheint nahezu sinnlos.

„Aug um Aug und Zahn um Zahn“ und „Wie du mir, so ich dir“. Das kennen wir alle. Der eine schreit mich an, ich schreie zurück. Das steckt hinter diesen Weisheiten. Und wohin führt das? Zu einem Konflikt, aus dem Sie so schnell nicht mehr herauskommen. Zugegebenermaßen handelt es sich beim Angeschrien-werden um eine emotional belastende Situation. Jetzt mit Herz und Verstand zu reagieren, ist schwierig. Doch es gibt viele Lösungen, wie Sie solche Konflikte entschärfen können. 

Lernen Sie mehr darüber im Training „Psychologie im Office“ mit Thomas Leonhard. Sie lernen, Menschen besser zu verstehen und achtsam mit sich umzugehen. Damit sorgen Sie für gute Stimmung im Team und haben noch mehr Freude bei Ihrer Arbeit.

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